Expertenkreistreffen FUSSBODEN 2024

Bericht verfasst von Dr. A. Unger, Donauwörth, Fachjournalist und Autor des FUSSBODEN ATLAS®
Der Beitrag beinhaltet teils wörtliche Zitate aus den einzelnen Skripten.

Wieder einmal trafen sich nach Aufruf von Dr. A. Unger internationale Experten aus dem Fußbodengewerk in Donauwörth, um über interessante aktuelle Schadensfälle zu diskutieren.

1) Orientierende Haftzugmessungen auf einem verklebten elastischen Belag und in-situ Schälversuche
     Referent: Dr. A. Unger

Der erste Teil dieser Thematik wurde bereits beim letzten Expertenkreis besprochen. Es ging darum, dass ein verklebter Kautschukbelag in einer Büronutzung relativ intensive Stippnähte aufwies. Diese waren deutlich thermischen Einflüssen zuzuordnen. Allerdings war erstaunlich, wie wenig offensichtlich der Klebstoff den Bodenbelag an seinem Platz halten konnte. Deshalb wurde die Verklebung etwas näher untersucht und dabei festgestellt, dass die Verbindung zum Untergrund eher schlecht war. Die vor Ort orientierenden Schälzugmessungen und Haftzugmessungen deuteten ebenfalls auf eine ungünstige Verbindung hin. Auffällig war auch, dass an der Rückseite des Bodenbelags kaum Klebstoff zu erkennen war. Auf Grund eigener Untersuchungen entschied sich die Verlegefirma dafür, den Kautschukbelag im Büro zu entnehmen und neu zu verlegen.

Nachdem in einem nahe gelegenen großen Reinraum die Situation ähnlich war, wünschte der Auftraggeber weitere Untersuchungen. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Qualität der Verbindung per Klebung zu der darunter liegenden Spachtelmasse auch hier eher grenzwertig war. Dies war umso schwieriger, da die Fläche auch mit Hubwägen befahren werden sollte. Der Hersteller des Kautschukbelags verlangte in seinem Datenblatt in einem solchen Fall die Verwendung von PUR-Klebstoff. Vor Ort wurde jedoch ein leitfähiger Dispersionsklebstoff eingesetzt. Die Klebstofffirma hielt diesen auch für geeignet, wies jedoch darauf hin, dass nur Hubwägen mit Luftbereifung eingesetzt werden sollten (!).

In Untersuchungen wurde auch die Haftung der Spachtelmasse auf dem darunter liegenden sehr dicken Calciumsulfatestrich untersucht. Hier hätte der Auftraggeber sich einen Wert von 1,5 N/mm2 wegen der Befahrung mit Hubwägen gewünscht. Die mehr als 60 Haftzugmessungen hatten als Durchschnitt 1 N/mm2, aber der kleinste Einzelwert lag ca. bei 0,3 N/mm2. Trotz dieser Einschränkungen entschied der Auftraggeber mit dieser Unsicherheit ‚zu leben‘. Die Haftzugfestigkeit des Estrichs machte i. M. mit ca. 2 N/mm2 einen guten Eindruck. Die orientierenden Schälzugprüfungen im Reinraum ergaben Werte zwischen 1 und 9 kg, was kein besonders guter Wert ist. Bei einer neu angelegten Probefläche konnten wir 11 bis 21 kg Schälzug feststellen.

Auch die rein orientierenden Haftzugfestigkeiten ergaben nur einen Durchschnittswert von 0,5 N/mm2 auf dem Kautschuk, während auf einer neu angelegten Prüffläche das Doppelte herauskam.

Auf Grund der Ergebnisse wurden einige Bereiche vom Bodenleger nachgearbeitet.

Im Nachgang wurde die Situation nochmals in einem eigenen Versuch nachgestellt. Dabei konnte festgestellt werden, dass sich mit dem verwendeten Dispersionsklebstoff, die eigentlich früher zu erwartenden Festigkeiten erst relativ spät einstellten. Interessant war, dass auch bei idealer Verarbeitung kaum Klebstoffanhaftung an der Belagsrückseite zu konstatieren war. Somit war dieses Erscheinungsbild wohl nicht auf eine mangelhafte Verklebung zurückzuführen, sondern zeigte lediglich den Adhäsionsbruch an der schwächsten Stelle.

2) Sichere Planung von Estrichböden in Fitness-Center
     Referent: Carlo Diliberto

Herr Dipl.-Ing. Carlo Diliberto wies in seinem Vortrag auf zahlreiche Schäden hin, die speziell in Hantelbereichen von Fitnesscentern Estriche teilweise völlig zerstört hinterlassen.

Hantelbereiche weisen alleine durch Hantelbänke bereits Belastungen von bis zu 10 kN/m² auf, was der Belastung mit Hubwagen in Einkaufszentren gleichkommt.

In Hantelbereichen steigen diese Belastungen durch fallende Gewichte auf ein Mehrfaches an; teilweise beträgt der dabei entstehende Schlagstoß bis zu 1 to. Hier liegen Aufprallspannungen von über 15 N/mm² vor, die gerade bei schwimmenden Estrichsystemen zu einer Überlastung führen.

Der Vortragende wies darauf hin, dass hier eine sichere Planung nur möglich sei, wenn man mit dem späteren Betreiber der Fitness-Studios einen genauen Lastplan erstellt und die Auswirkungen von hygrischen Verformungen bei der Statik der Estrichsysteme berücksichtigt.

Ferner sei es enorm wichtig, in Hantelbereichen durch speziell auf die Belastung konzipierte mehrschichtige Abprall-Matten den Schlagstoß zu mindern.

Gerade in Fitness-Centern, die sich in Wohn- oder Bürokomplexen in urbaner Umgebung befinden, verschärft sich die Situation durch die Notwendigkeit, diese Bodensysteme unter Berücksichtigung der TA Lärm auch trittschallschutztechnisch zu planen.

Hier mahnte der Vortragende dazu, dass man die Aufprallspannung unter 3 N/mm² belässt und somit bei Ausführung eines schwundarm formulierten, stahlfaserarmierten und damit schlagzähen Estrichs der Festigkeitsklasse CT-45-F7-S80-SW1 einen Mindeststandard definieren sollte.

Für Schwergewichtsbereiche, in denen zum Beispiel sehr schwere Hanteln aus über 2 m Höhe fallen, gibt es keine praktikable Lösung; hier sollte mit einer gesondert zu planenden Abfederungskonstruktion gearbeitet werden.

3) Auswirkungen von dünnen und dicken Verbundestrichen
     Referent: Carlo Diliberto

Herr Dipl.-Ing. Carlo Diliberto wies in seinem Vortrag auf die Risiken der Ausführung dünner Verbundestriche auf leichten und verformbaren Altbaudecken hin. Durch die Durchbiegung dieser Decken entstehen bei dünnen Verbundestrichen ab 25 mm hohe Schubspannungen, so dass Hohllagen und Schäden in Estrichen sich bis hin zum Totalschaden des gesamten Bodenbelages auswirken können.

Hierzu hat Dipl.-Ing. Diliberto eine Software ermittelt, mit der sich diese Schubspannungen abschätzen lassen.

Die speziell für diesen Sachverhalt entwickelte Software lässt auch hier Rückschlüsse auf mögliche Spannungsüberschreitungen und deren Lösung zu. Am Beispiel der unteren Grafiken werden sowohl für dünne als auch für besonders dicke Verbundestriche Lösungen errechnet.

Oder wie hier ein Lösungsansatz bei dicken Verbundestrichen:

Zusammengefasst empfiehlt der Vortragende, sowohl Konstruktionen in Fitness-Centern und auch Verbundestrichkonstruktionen bei Zweifeln von Sachverständigen prüfen und konzipieren zu lassen.

4) Richtige Durchführung von CM-Messungen
      Referent: Dr. A. Unger

Ganz kurz wurde auch das Thema der richtigen CM-Messung besprochen und ob es immer notwendig sei, bei der Durchführung Handschuhe zu tragen. Nach Rücksprache mit Dr. Frank Radtke (bekannter Hersteller von CM-Messgeräten) ergab sich, dass er generell die Durchführung der Messung mit Handschuhen empfiehlt, um von vornherein Diskussionen vorzubeugen. In der Praxis hat es jedoch kaum Auswirkungen auf das Messergebnis, außer ein Bodenleger würde bei der Durchführung extrem schwitzen und sehr nasse Hände haben. Dies ist jedoch in der Praxis eher selten anzutreffen.

5) Untersuchungen zu dampfhemmenden Abdeckungen von Parkettbelägen
      Referent: Dr. A. Unger

In einem hochwertigen Villenprojekt war es im Zuge des Umbaus zu intensiven Schäden am sehr hochwertigen Parkett gekommen; darunter befand sich ein zementärer Heizestrich. Dieser wurde während der Beheizung mit Milchtütenpapier und Holzplatten abgedeckt. In diesem Zusammenhang kam es zur Auffeuchtung des Parketts mit den entsprechenden Schäden. Der Parkettleger sah jedoch die Verantwortlichkeit bei anderen Faktoren.

Insofern wurde ein Versuchsaufbau im Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung in Troisdorf durchgeführt. Dabei wurde exakt die Situation nochmals anhand von Probeflächen nachgestellt. Der Estrich wies bei Belegung <= 1,8 CM-% auf. Das Milchtütenpapier wurde 24 Std. nach Auftragen der Wischpflege aufgelegt und die Fußbodenheizung mit einer Vorlauftemperatur von 35°C gefahren, was den Parkett auf ca. 26°C erhitzte. Nach 117tägigen Beheizung wurden die Werte ermittelt. Es war feststellbar, dass im Bereich der Abdeckung mit Milchtütenpapier Wasser an der Rückseite des Papiers bzw. an der Oberfläche des Parkettbelags in Tropfenform vorhanden war.

Wohlgemerkt war hier der Estrich zunächst auf seinen Belegreifewert getrocknet worden. Eine Differenz zwischen Belegreifwert und Ausgleichsfeuchte von ca. 1% kann bereits demnach zu einer relevanten Auffeuchtung des Parketts führen.

Wenn man aber nun nicht so genau vorgeht und den Estrich zu einem Zeitpunkt belegt, an dem der Belegreifwert noch nicht erreicht ist, dann ist mit wesentlich umfangreicheren Schäden am Parkettbelag zu rechnen, z.B. Ablösung vom Untergrund und Verformungen etc.

6) Richtiges Lüften nach Estrichverlegung in einem Holzhaus
      Referent: Dr. A. Unger

Aktuell gab es im Sachverständigenbüro Unger eine Anfrage, ob generell in einem reinen Holzhaus normale Zementestriche überhaupt verlegt werden können, oder ob hier ternäre Systeme notwendig sind. Dem Estrichverleger ging es hier insbesondere um mögliche Schäden, ausgelöst durch das Wasser, welches im Zuge des Trocknungsprozesses an die Raumluft abgegeben wird. Die Diskussion entzündete sich an dem Punkt, weil in einschlägigen Merkblättern empfohlen wird, mit dem Lüften erst sieben Tage nach Estrichverlegung zu beginnen.

Gemeinsam mit dem Planer wurde in diesem Zusammenhang eine Sonderlösung entwickelt. Beim gegenständlichen Objekt wurden bereits im Zuge der Estrichverlegung die Fenster auf einer Gebäudeseite gekippt. Nach drei Tagen hat man vorsichtig durch komplettes Öffnen der Fenster auf einer Gebäudeseite dreimal pro Tag 10 Minuten stoßgelüftet (ohne Luftzug bei geeigneten Außentemperaturen). Nach 10 Tagen hat man pro Tag dreimal stoßgelüftet, und dann auch gegenüberliegende Fenster geöffnet. Nach 10 bis 14 Tagen konnte man auch bei Bedarf Trockengeräte aufbauen.

Die Einhaltung dieser Regeln wurde anhand von Messungen auch durch das Sachverständigenbüro Unger überwacht. Das eingebaute Fichtenholz hatte zum Zeitpunkt der Estrichverlegung ca. 11% Materialfeuchte. Im Zuge der Auffeuchtung durch die Wasserabgabe des Estrichs stieg die Holzfeuchte auf maximal ca. 14% an, ohne dass dies nun zu Problemen führte. So lange die Fenster gekippt waren, war auch die Luftfeuchtigkeit direkt oberhalb des Estrichs nicht extrem hoch (nach fünf Tagen Estrichalter ca. 65%). Schloss man die Fenster, dann stieg die Luftfeuchtigkeit direkt oberhalb des Estrichs auf bis zu 90% an, was als ungünstig zu werten ist.

Es war gut, zu sehen, dass auch im Sommer mit hoher absoluter Luftfeuchtigkeit von außen immer wieder Zeiträume entstehen, die eine geeignete Trocknung durch Lüften ermöglichen.

7) Schallschutz im Holzbau – Beschwerung bei Holzdecken
     Referent: Christoph Wagner

Christoph Wagner gibt in seinem Vortrag zunächst einen Überblick über die wichtigsten Grundlagen der Akustik, um dann mögliche schalltechnische Verbesserungen im Holzbau zu besprechen. Aufgrund der Bauteileigenschaften von Holzmassivdecken ist hier eine zusätzliche Beschwerung erforderlich. Die gängigen Systeme, Betonplatten im Sandbett, Schüttung in Wabenform oder gebundene Splittschüttung, wurden erörtert. Im weiteren Verlauf wurden gebundene Splittschüttungen detaillierter betrachtet. Anhand aktueller Projekte und Veröffentlichungen erfolgte ein Vergleich einer zementgebundenen und einer elastisch gebundenen Schüttung. Eine zementgebundene Platte weist aufgrund ihrer hohen Biegesteifigkeit eine verminderte Schalldämmung im bauakustisch relevanten Bereich auf. Dies führt dazu, dass das Bau-Schalldämm-Maß oder auch der Norm-Trittschallpegel im Vergleich zu einer elastisch gebundenen Schüttung um ca. 10 dB verschlechtert wird. Neben der zusätzlichen Masse ist beim Fußbodenaufbau ein schwimmender Estrich erforderlich. Der Einfluss der Zusatzmasse und des schwimmenden Estrichs auf die frequenzabhängigen Messkurven wurde anhand eines Vergleichs dargestellt und mögliche Optimierungen aufgelistet. Abschließend wurden noch Fehlerquellen an Beispielbildern verdeutlicht.


Bild: Vortragssaal mit Publikum
Quelle: A. Unger