Expertenkreistreffen FUSSBODEN 2021

Bericht verfasst von Dr. A. Unger, Donauwörth, Fachjournalist und Autor des FUSSBODEN ATLAS®


Zahlreiche Fußbodensachverständige trafen sich auf Einladung von Dr. A. Unger zu dem Treffen am Freitag, 08.10.2021 in Donauwörth. Natürlich wurden die geltenden Corona-Regeln beachtet und der Seminarraum entsprechend gestaltet.

1) Sind Schlauchkupplungen bei Fußbodenheizungen im Neubau erlaubt?
Referent: Dr. A. Unger (ö. b. u. v Sachverständiger)

Der Referent zeigte auf, dass es manchmal bei Neubauten zu Diskussionen kommt, ob z. B. bei der Sanierung eines Raumes es statthaft sei, die verbleibenden Räume über Kupplungen im Bereich der Fußbodenheizung anzuschließen. Letztere gelten den Beteiligten oft als Sicherheitsrisiko. In der Praxis werden Schlauchkupplungen zur Reparatur defekter Heizungsrohre verwendet, um ein intaktes Rohrteil ‚anzustückeln’. Fußbodenheizkreise sollen vorteilhafterweise, aber nicht zwingender Weise, mit durchgehendem Systemrohr ohne unnötige Unterbrechung installiert werden. Verbindungsstellen im Estrich sind so weit wie möglich zu vermeiden. Sollte dennoch der Einbau einer Kupplung z. B. im Reparaturfall notwendig sein, ist darauf zu achten, dass diese in einer gestreckten Rohrlänge eingebaut wird.

Die Lage der Kupplungen ist einzumessen und in einem Plan festzuhalten. Am besten macht man auch Fotos. Die Kupplungen sind durch bauseitige Maßnahmen vor dem Kontakt mit Estrich zu schützen. Kupplungen sind gemäß DIN 4 726 i. d. R. erlaubt, ihr Einsatz sollte jedoch mit dem Hersteller der Fußbodenheizung geklärt werden. Er legt fest, welche Kupplungen verwendet werden sollen, da die meisten Hersteller eigene Kupplungen anbieten. Das Fußbodenheizsystem eines Herstellers ist oft komplett zertifiziert ist und mit einer 10-jährigen Gewährleistung verbunden, wenn alle Komponenten zu dem gleichen System gehören.

2) Schimmelschaden durch Diffusion und Taupunktbildung im Fußboden des KG
Referent: Dr. A. Unger (ö. b. u. v Sachverständiger)

Der Referent zeigte einen Fall auf, bei welchem es in einem Neubau im Kellergeschoss direkt oberhalb des elastischen Linoleumbelages zu einer Schimmelbildung gekommen war. Dies geschah, obwohl die bauphysikalischen Daten in Bezug auf Feuchte und Temperatur eigentlich geeignet waren, um hier kein Tauwasser entstehen zu lassen.

Bei näherer Betrachtung ergaben sich jedoch Faktoren, welche diese Schimmelentstehung wohl begünstigt haben.

Zum einen hatte der Bodenleger den Linoleumbelag weitgehend bis zur Wand verlegt und damit den Randstreifen effektiv überbrückt. Im Bereich des Randstreifens verliert jedoch gerade eine vorhandene WU-Betonwanne noch Feuchtigkeit über längere Zeit, die hier ausdiffundieren kann. Der Belag verhinderte dies und drückte das Wasser seitlich in den Wandputz.
Hinzu kam die Tatsache, dass dies hier zwar eine Abdichtung als dampfhemmende Maßnahme auf die weiße Wanne verlegt wurde, jedoch diese nicht ganz den gesamten Fußbodenaufbau abschottete, sondern einen Teil davon. Dadurch konnte Wasser über diesen Zwischenbereich seitlich eindiffundieren.

Zudem wurden unterhalb der Wärmedämmung im Schnittpunkt zur Abdichtung auch eine geringe Menge Feuchtigkeit festgestellt. Diese war wohl darauf zurückzuführen, dass durch die vorgenannten Faktoren die relative Luftfeuchtigkeit in der Fußbodenkonstruktion angestiegen war und die Temperatur auf Oberkante Abdichtung dann in dieser Kombination zu einem Tauwasserausfall führte. Die Betonplatte war von unten nicht gedämmt.

Vermeiden kann man derartige Schadensfälle, in dem man die Abdichtung über den gesamten Fußbodenquerschnitt führt, möglichst Betonplatten von unten dämmt und den elastischen Belag nur bis zum Randstreifen führt.

Gelöst wurde dies im gegenständlichen Fall durch eine fachgerechte Schimmelentfernung, Raumlufttrocknung, technische Trocknung des Fußbodens in den betroffenen Bereichen, Zurückschneiden des elastischen Belags und eine dauerhafte Belüftung der Sockelleisten im Randbereich.

3) Weiche Calciumsulfatfließestriche mit variierenden Oberflächenzugfestigkeitswerten
Referent: Dr. A. Unger (ö. b. u. v Sachverständiger)

Der Referent zeigte einen Fall auf, bei welchem in einem Bürogebäude ein Calciumsulfatfließestrich auf Hohlboden mit einem elastischen Bodenbelag versehen werden sollte. Dem Bodenleger viel auf, dass einerseits beim Anschleifen des Estrichs extrem viel Schleifstaub anfiel und auch der Estrich beim Ritzen einen sehr weichen Eindruck machte.

Daraufhin wurde ein Prüfinstitut zur Untersuchung der Oberflächenstabilität des Estrichs eingeschaltet. Dieses kam bei der Verwendung des Produktes ‚Silikal RI/21‘ auf der Basis von PMMA zu dem Ergebnis, dass die Oberflächenzugfestigkeit des Estrichs nicht ausreichend für die vorgesehene Nutzung mit Stuhlrollen, etc. war.

Darauf beschwerte sich der Hersteller des Calciumsulfatfließestrichs und begründete seine technische Ansicht damit, dass es sich bei seinem Produkt in erster Linie um ein Naturanhydrit basiertes Material handelte. Dieses sei generell etwas weicher einzustufen, könne aber trotzdem die technischen Anforderungen erfüllen.

Zur weiteren Klärung wurde dann noch ein zusätzlicher Gutachter eingeschaltet. Dieser wiederholte die Proben mit dem Klebstoff ‚MC-Quicksolid‘ auf PUR-Basis von der Firma MC Bauchemie. Dieses zeigt i.d.R. ähnliche Werte wie der Silikal RI/21 auf PMMA-Basis. Bei dem Silikal-Klebstoff kam es jedoch teilweise zu Erhärtungsstörungen bei Kontakt mit dispersionsvergütenden Oberflächen. Das Produkt sei lt. Hersteller für alle Untergründe geeignet und könne auch auf Altanstrichen angewendet werden. Die Aushärtezeit sei abhängig von der Bauteiltemperatur. Wenn man es lange genug einwirken lässt, dann bekommt man durch die Polyaddition realistische Werte. Der Klebstoff hat auch ein höheres Benetzungsvermögen und liegt dadurch i.d.R. weitgehend vollflächig auf. So ergeben sich manchmal höhere Werte als beim PMMA-Klebstoff.

Dies war auch beim gegenständlichen Objekt so. Mit dem PMMA-Klebstoff wurden höhere Werte erzielt. Trotzdem kam es am Ende des Vortrags zu einer Diskussion, ob nicht trotzdem eine für den Bodenleger zu weiche Oberfläche vorgelegt haben könnte.

4) Aktuelle Infos zum Thema Schallschutz
Referent: Dipl.-Ing. Univ. Christian Burkhart

Herr Burkhart berichtete über Resonanzeffekte in Fußbodenkonstruktionen, insbesondere Luftschichten und Schüttungen. Luftschichten spielen eine schalltechnische Rolle zwischen Wärme- und Trittschalldämmplatten aus EPS oder vergleichbaren Materialien. Hier wirken die Luftschichten als zusätzliche Feder. Diese sind zwar relativ steif, führen jedoch zu einer Verringerung der resultierenden dynamischen Steifigkeit und sind schalltechnisch als positiv zu bewerten. Bei Estrichen auf Trennlage bildet sich typischerweise ebenfalls eine Luftschicht aus, die als relativ steife Feder wirkt. Da es sich um die einzige „Feder“ in der Fußbodenkonstruktion handelt, entsteht eine Resonanzüberhöhung im bauakustischen Messbereich, die sich in der Regel negativ auswirkt.

Dann berichtete Herr Burkhart über einen speziellen Fall einer schalltechnisch ungünstigen Dickenresonanz, die sich in gebundenen Schüttungen innerhalb von Fußbodenkonstruktionen ausbilden können. Ob sich solche Dickenresonanzen tatsächlich schalltechnisch ungünstig auswirken, hängt von mehreren Randbedingungen ab. Grundvoraussetzung ist eine dünne bzw. recht leichte Rohdecke und eine dicke Schüttung. In dieser Kombination kann es dann dazu kommen, dass die entstehende, so genannte ‚stehende Welle‘ im Material zu einer Resonanz im bauakustisch relevanten Frequenzbereich führt. Diese wiederum wirkt sich dann negativ auf die Trittschalldämmung aus und kann zur Verfehlung der zu stellenden Anforderungen führen. Durch Experimantalaufbauten und schalltechnische Messungen mit verschiedenen Materialdicken konnte der Effekt und die Ursache eindeutig nachgewiesen werden.

5) Hausschwamm in Bodenaufbauten“
Referent: Ing. Paul-Michael Böhm

Immer öfter wird der Gerichtssachverständige Paul M. Böhm, eingetragen u.a. für die Beurteilung von Schäden an Gebäuden, durch holzzerstörende Pilze und Insekten, mit Schäden konfrontiert, die vom echten Hausschwamm (Serpula lacrymans) ausgelöst werden. In der Regel handelt es sich um Schäden im Fußbodenaufbau, in Erdgeschoßen alter Gebäuden, die einige Zeit zuvor (meist 1-2 Jahre) ‚saniert‘ wurden. Bei all diesen Fällen stellte sich heraus, dass vorhandene Bodenaufbauten einfach als Basis für den neuen Bodenbelag genutzt wurden und im Zuge der Sanierung moderne Trittschalldämmungen aus Kunststoffen, Verlegeplatten aus Holzverbundwerkstoffen und ähnliches zum Einsatz kamen.

Feuchtigkeit, die sich vor der Sanierung unter dem alten Fußbodenbelag bildete, konnte durch die meist sehr diffusionsoffenen Konstruktionen alter Fußbodenaufbauten entweichen, ohne dass sich über Jahrzehnte irgendwelche Schäden durch holzzerstörende Pilze manifestierten.

Durch die Sanierung wird die Konstruktion meist dampfdiffusionsdicht bzw. -hemmend ausgeführt, was zu einer Auffeuchtung der bestehenden Holzkonstruktion führt, was wiederum die Grundlage für den Bewuchs durch holzzerstörende Pilze bildet. Auslöser für diese Fälle waren meist Faktoren wie Zeitdruck, Kostendruck, fehlende Voruntersuchungen über den Aufbau bzw. den Zustand des bestehenden Fußbodenaufbaus und mangelndes Verständnis für Konstruktionen früherer Zeiten.

Durch Untersuchungen von Dr. Huckfeldt stellte sich heraus, dass ca. 66% der Schäden in Gebäuden durch holzzerstörende Pilze durch Braunfäule-Pilze ausgelöst werden und davon wiederum ca. 23% vom echten Hausschwamm verursacht werden. Die Chance bei einer überhasteten Sanierung eines alten Gebäudes mit dem echten Hausschwamm konfrontiert zu werden, ist also hoch und sollte im Hinblick auf die enormen Sanierungskosten, die solch ein Ereignis nach sich zieht, unbedingt vermieden werden.

6) Selbstheilung von Wasserrohrleitungen
Referent: Dipl.-Ing. Jochen Fleischer, ö.b.u.v. Sachverständiger für Schäden an Gebäuden

Herr Fleischer stellte einen Schadensfall dar, bei dem er vom Gericht beauftragt wurde, eine Überprüfung der bisher durchgeführten Rückbau- und Trocknungsmaßnahmen bei einem eingetretenen Wasserschaden in einem Einfamilienhaus durchzuführen.

Strittig zwischen der Versicherung, die sich im unteren Marktsegment bewegt, und der Eigentümerin, sind weitgehende Sanierungsmaßnahmen, da trotz durchgeführter Trocknung beim Betreten des Hauses im EG ein ‚muffiger‘ Geruch wahrnehmbar war.

Letztendlich handelt es sich hier um einen verschleppten Leitungswasserschaden. Der erstmalige Wasseraustritt wurde im Jahr 2011 dadurch festgestellt, dass in der Küche im EG (die sich unter dem Bad im DG befindet) und im angrenzenden Flur im EG Feuchteflecken aufgetreten sind.

Seitens der Versicherung wurde eine Leckageortung durchgeführt, ohne dass vorher eine Leckagestelle geortet wurde. Die Versicherung hat dahingehend argumentiert, dass bei dem Kupferrohrleitungssystem eine ‚Selbstheilung‘ eingetreten sei, da bei Wasseraustritt Fehlstellen wieder verkalken. Weder dem Referenten noch den Zuhörern ist dieses Phänomen bekannt. Es wird wohl so gewesen sein, dass ein dauerhafter Wasseraustritt stattgefunden hat, dieser aber in einem Gleichgewicht zu der Verdunstung im Gebäude gestanden hat und somit keine Verfärbung der Putzflächen im Erdgeschoss ersichtlich waren.

Eine ‚Selbstheilung‘ findet lediglich bei Betonkonstruktionen im Bereich von kalkhaltigen Grundwasser statt.

Im Jahr 2017 wurde der Leitungswasserschaden erneut von der Versicherten zur Anzeige gebracht, da ab diesem Zeitpunkt wieder Feuchteflecken im Erdgeschoss ersichtlich waren. Der lange Zeitraum zwischen den Schadensmeldungen liegt wohl darin begründet, dass die Leckage an einem Kupferrohrbogen im Zuleitungsbereich des Waschbeckens im Bad des DG im daneben liegenden Schlafzimmer durch den Schlafzimmerschrank verstellt war und somit die Durchfeuchtung der rückwärtigen Wand nicht erkennbar war.

Im Jahr 2017 ergriff die Versicherung Trocknungsmaßnahmen in der Form, dass der Putz auf dem Ziegelmauerwerk hinter dem Waschbecken abgeschlagen wurde, allerdings nur bis zur Oberkante des Estrichs, Des Weiteren wurde lediglich im Bereich des Schlafzimmers (und nicht des Bades) der schwimmende Estrich technisch getrocknet.

Bei der Untersuchung im Jahr 2018, bei der der vom Gericht angeordnete Ortstermin durchgeführt wurde, konnte in der angrenzenden Wand in der Estrichebene bei der Entnahme der Putzproben festgestellt werden, dass der Gipsputz immer noch leicht feucht ist und stark muffig riecht. Der muffige Geruch ist entsprechend den Laboruntersuchungen auf Bakterienbesiedlung zurückzuführen. Bei einer Bauteilöffnung unter der Badewanne wurde ebenso ein deutlich muffiger Geruch wahrgenommen.

Da sich die ursprünglich geplante Desinfektion des Bades auch aus rechtlicher Sicht als schwierig darstellt, da in diesem Fall die abgestorbenen Schimmelsporen als Biomasse verbleiben, wurde letztendlich von Herrn Fleischer zugestanden, dass der Estrich im Bad, im Schlafzimmer und im Flur auszubauen ist und die Wandputzfläche, bei der gipshaltige Baustoffe verwendet wurden, bis auf 30 cm abzufräsen ist, mit zugehörigem Einbau des Estrichs und des Putzes, sowie den Fliesenarbeiten im Wand- und Bodenbereich im Bad.

Aufgrund dieser durchzuführenden Maßnahmen wurde von Herrn Fleischer eine Kostenschätzung vorgenommen, die bei Mindestkosten von brutto 33.000 EUR lag und maximal bei brutto 43.000 EUR zu sehen ist.

Hätte man den Wasserschaden im Jahr 2011 ordnungsgemäß beseitigt, wäre der Rückbau der Estrichkonstruktion im Bad einschließlich der Wandfliesen vermeidbar gewesen, so dass dann Aufwendungen von ca. 15.000 EUR bis 18.000 EUR angefallen wären.

Die Versicherte hat weitere Schimmeluntersuchungen auch in den Kinderzimmern im Dachgeschoss durchführen lassen. Diese Räume liegen ca. 8 m vom Schadensaustrittsort entfernt. Bei dem von Herrn Fleischer durchgeführten Ortstermin wurden in diesen Kinderzimmern keine Schäden aufgezeigt.

Nunmehr beantragt die Versicherte, dass Kosten von 110.000 EUR zu erstatten sind, da bei den durchgeführten Schimmeluntersuchungen im Dachgebälk (Schrägdachbereich) Schimmelsporen vorgefunden wurden, und sie neben dem Dachgebälk auch den kompletten Putz in der unter dem Bad im DG liegenden Küche im EG zurückgebaut hat.

Diese Maßnahmen stehen allerdings nach den Ausführungen von Herrn Fleischer nicht im Zusammenhang mit dem Wasserschaden. Schimmelbelastungen mögen dort durchaus vorliegen. Hierbei handelt es sich nach Einschätzung von Herrn Fleischer allerdings nur um abgestorbene Schimmelsporen.

Letztendlich steht Herr Fleischer nunmehr in der Kritik, keine ordnungsgemäße Gutachtenerstellung durchgeführt zu haben. Herr Fleischer hat diesbezüglich aufgezeigt, dass die Laufwege des Wassers anhand der Deckenverformung der Betondecke über dem EG gar nicht den Bereich der Kinderzimmer erreicht haben können, geschweige denn, dass der Wasseraustritt hinter dem Waschbecken irgend einen Einfluss auf die Dachkonstruktion hat.