Bericht verfasst von Dr. A. Unger, Donauwörth, Fachjournalist und Autor des FUSSBODEN ATLAS®
Zahlreiche Fußbodensachverständige trafen sich auf Einladung von Dr. A. Unger zu dem Treffen am Freitag, 09.10.2020 in Donauwörth. Natürlich wurden die geltenden Corona-Regeln beachtet und der Seminarraum entsprechend gestaltet.
Zunächst galt es, sich von einem langjährigen Mitglied zu verabschieden. Kommerzialrat Robert Speigner hatte den Kreis viele Jahre besucht und war vor kurzem im Alter von 89 Jahren verstorben. Dr. A. Unger sprach den Teilnehmern von Herzen, als er die Erinnerung an den sypmathischen Robert Speigner wachrief, der sein ganzes Leben lang für den Berufsstand des Boden- und Estrichlegers mit vollem Herzblut gekämpft hatte.
1) Feuchte in Fußbodenkonstruktion
Referent: Dr. A. Unger (ö. b. u. v Sachverständiger)
Dr. A. Unger begann die Fachthemen mit einem aktuellen Schaden, den er gerade am Vortag angesehen hatte. In einer neu gebauten Münchner Villa hatte sich der abgedeckte Parkett auf Fußbodenheizung verformt. Ein Einflussfaktor in diesem Zusammenhang könnte die nicht diffusionsoffene Abdeckung sein. Von Seiten des Bodenlegers wurde auch das Thema der Dämmziegel im Außenbereich eingebracht. Hier wies einiges darauf hin, dass diese durch die Witterung durchfeuchtet waren.
Die Untersuchungen dauern zum derzeitigen Zeitpunkt noch an und es wird zum nächsten Treffen berichtet.
2) Zusammendrückung Trittschalldämmung
Referent: Dr. A. Unger (ö. b. u. v Sachverständiger)
Zudem stellte Dr. A. Unger das Ergebnis eines von ihm untersuchten Schadenfalles vor. Hier war auf einer Zwischengeschoßbetonplatte eine Mineralwolledämmung direkt auf die Betonplatte ohne entsprechende Dampfbremse verlegt worden. Es kam zu einer Komprimierung der Trittschalldämmung von ca. 15 mm. Der Sachverständige für Schäden an Gebäuden führte dies allein auf die fehlende Dampfbremse zurück. Dr. A. Unger ist zwar selbst ein großer Verfechter der Dampfbremse an dieser Stelle, wies jedoch darauf hin, dass er sich in diesem speziellen Fall eine 15 mm Zusammendrückung kausal nicht vorstellen könne. In letzter Konsequenz wurde beim IBF in Troisdorf ein Versuch in Auftrag gegeben, bei welchem die Situation praxisgerecht nachgestellt wurde. Es konnte festgestellt werden, dass selbst bei hohen Luftfeuchtigkeiten in der Dämmung die erlaubte Zusammendrückung von 5 mm nicht überschritten wurde. Damit war bewiesen, dass in diesem speziellen Fall eine übermäßige Zusammendrückung nicht möglich war. Hier müsste es schon einen Wasserschaden oder Ähnliches gegeben haben, bei dem eine komplette Durchfeuchtung der Mineralwolle stattgefunden hätte. Dies war jedoch nicht der Fall.
3) Extreme Porosität in einem Calciumsulfatfließestrich
Referent: Dr. A. Unger (ö. b. u. v Sachverständiger)
Hier handelte es sich um einen oberflächenfertig, zu nutzenden Estrich in einem Künstleratelier. Es war ein Calciumsulfatfließestrich zur Verwendung gekommen, welcher eine extreme Porosität an der Oberfläche aufwies. Dies lag vermutlich daran, dass dem Produkt aus Gründen der Austrocknung ein Luftporenbildner beigegeben wurde. Obwohl der Hersteller sich darauf berief, dass bei dem gegenständlichen Estrich keine optischen Ansprüche vereinbart waren, schätzte Dr. A. Unger das Endergebnis als nicht gebrauchstauglich in einem Atelier ein. Der Boden war schlicht und einfach nicht zu pflegen. Er empfahl insofern, ein Abschleifen, Grundieren und Spachteln mit möglicher Imprägnierung der Oberfläche.
4) Ansätze zur Vorabschätzung schwund- und aufheizbedingter Schüsselungen mineralischer Estrichsysteme und deren Einsatz in der Praxis
Referent: Carlo Diliberto
Carlo Diliberto war dem Kreis bereits bekannt, den er durch zahlreiche Berechnungsprogramme rund um den Fußboden bereichert hat. Auch dieses Mal zeigte er ein solches Programm auf. Es ging darum, die Verformungen von zementären Estrichen ungefähr vorauszusagen und entsprechend durch technische Maßnahmen darauf zu reagieren. Generell kann man sagen, dass sich Estrichkleinflächen weniger verformen als große Estrichflächen. Zudem haben dicke Zementestriche ein größeres Widerstandsmoment und können sich insofern auch unter Raumlasten intensiv verformen.
Das Programm zeigte unter anderem auch auf, wie intensiv die Verformung im Einzelfall ist und wie weit im Raum die Randflächen verformt sind.
Carlo Diliberto wies auch darauf hin, dass er gute Erfahrung damit gemacht hatte, Zementestriche im Bewegungsfugenbereich mit Folie abzudecken, um dort die Verformungen zu minimieren.
5) Hygiene-Fuge (HY-FU)
Referent: Paul Michael Böhm
Der Experte für Wasserschäden und Schimmelthematik zeigte auf, dass es nicht immer möglich ist, einen Wasserschaden komplett zu trocknen. Für bleibende Restrisiken, hervorgerufen durch mikrobiellen Bewuchs, durch Bakterien oder Schimmelpilze im Fußbodenaufbau, stellte er eine neu entwickelte Hygienefuge, die HY-FU vor. Die, mit einem Kondensationsschutz ausgestattete HY-FU verhindert, wie ein Filter in einem Luftkanal, dass Stoffwechselprodukte des mikrobiellen Bewuchses, Mikroorganismen oder Fragmente der Biomasse, in die Raumatmosphäre gelangen. Auf diese Weise soll es möglich sein, technisch intakte Fußböden mit z.B. Restschimmelbelastungen so auszustatten, dass es nicht zu einer Belastung der Innenraumluft kommt. Ansonsten wäre es notwendig, die Estriche auszubauen, was manchmal z.B. denkmalschutztechnisch nicht möglich oder vom Bauherrn nicht gewünscht ist.
Herr Böhm wies auch darauf hin, dass der häufig anzutreffende ‚Kartoffelkellergeruch‘ i.d.R. auf Stoffwechselprodukte von Mikroorganismen zurückzuführen ist. Zudem machte er deutlich, dass die orale Aufnahme von Schimmelpilzen häufig schlimmere Auswirkungen auf den Gesundheitszustand einer gesunden Person hat, als das Einatmen von Sporen und Pilzfragmenten. In diesem Zusammenhang wurde aber deutlich, dass die Sanierung von Schimmelschäden immer individuell und in Abhängigkeit des Gesundheitszu- bzw. dem Entwicklungsstands der Gebäudenutzer, beurteilt werden müssen.
Themenkreis Heizestriche:
6) Probleme beim Aufheizen mit Heizmobilen und Wärmepumpen
Referent: Dr. A. Unger (ö. b. u. v Sachverständiger)
Dr. A. Unger wies darauf hin, dass es häufig nicht möglich ist, das Trockenheizen des Estrichs mit einer Wärmepumpe allein zu realisieren. Hierzu ist im Sommer üblicherweise noch die Verwendung eines zusätzlichen Heizstabs notwendig. Im Winter kann es jedoch zum Vereisen der Wärmepumpe kommen. Hier ist es dann besser, auf eine ausreichend dimensionierte mobile Heizstation umzustellen.
Ergreift man diese Maßnahmen nicht, so ist es üblicherweise nicht möglich, die notwendige Aufheiztemperatur zum Trockenheizen des Estrichs zu erreichen. Zudem erreicht der Estrich dann nicht seine maximale Expansion.
7) Ammoniak-Bildung in einer Fußbodenkonstruktion
Referent: Dr. A. Unger (ö. b. u. v Sachverständiger)
Zudem teilte Dr. A. Unger die Ergebnisse eines beim letzten Treffen besprochenen Schadenfalles mit. Es war an einem Eichenparkett zu Fleckenbildung und intensivem Ammoniakgeruch im Objekt gekommen. Hier bestand die Diskussion, wo das Ammoniak herkomme. Hierzu wurden nahezu alle relevanten Baustoffe untersucht. Hierzu gehörten z.B. das Estrichzusatzmittel, der Estrich als Ganzes, der Verputz, der Parkett selbst, OSB-Platten und die einzelnen Fußbodenschichten wie Klebstoff, Spachtelung, etc.
Als Fazit konnte man nur im Parkett selbst und in der OSB-Platte auf der Treppe (als Parkettunterlage) erhöhte Ammoniakwerte feststellen. In der OSB-Platte waren diese offensichtlich durch Feuchteeintrag von unten entstanden. Alles deutete darauf hin, dass das Ammoniak im Parkett bereits enthalten war, als dieser zur Baustelle geliefert wurde. Durch den Betrieb der Fußbodenheizung und möglicherweise erhöhte residuale Estrichrestfeuchte wurde dann das Ammoniak aktiviert und es kam nicht nur zu der Geruchsbildung, sondern auch zu den Flecken im Parkett. Der Parkett wurde im Objekt vollflächig entfernt und der Estrich sicherheitshalber mit Epoxidharz abgesperrt. Danach kam erneut ein Eichenparkett zur Verlegung. Diese lag bis dato ohne Beanstandung.
8) Verbindliche Anschlusshöhen bei Estrichfixpunkten
Referent: Bernd Greipel
Bernd Greipel stellte die wesentlichen Inhalte der Veröffentlichung ‚Verbindliche Anschlusshöhen bei Estrichfixpunkten‘ vor. Hier gab es aus seiner Sicht ein paar Punkte, die für den Praktiker etwas schwer verständlich sind. Als Resümee kam er zu folgendem Schluss: Der Meterriss kann vom vorgegebenen Höhenbezugspunkt, z.B. im Treppenhaus, auf einen Punkt im Raum mit einer Toleranz von +/- 3 mm bei Verwendung handwerksüblicher Techniken übertragen werden. Die mögliche Genauigkeit, mit welcher der Estrich dann ausgehend von den Markierungen verlegt werden kann, beträgt ca. +/- 2 mm. In der Fläche selbst gelten dann die Anforderungen der DIN 18 202 in Bezug auf Ebenheits- und Winkeltoleranzen. Die DIN 18 202, Tab. 1 ist auf Ausbaugewerke nicht anwendbar.
9) Wann ist nach einem Wasserschaden ein Ausbau der Konstruktion erforderlich, wann reicht eine Desinfektion?
Referent: Franz Schott
Herr Schott, als Experte für Fußbodentrocknungen, zeigte das Spannungsfeld auf, in welchem in diesem Bereich üblicherweise gearbeitet wird. Versicherungen haben oft ein Interesse daran, dass wenn immer möglich, eine Sanierung per Trocknung stattfindet. Dies ist jedoch nicht durchwegs sinnvoll. Es muss immer der Einzelfall betrachtet werden.
Problematisch sind z.B. Wasserschäden mit Fäkalwasser. Auch hier kann oft eine Desinfektion durchgeführt werden, jedoch ist auch die einzelne Situation zu betrachten. Mit einer Desinfektion ist es i.d.R. möglich, die mikrobielle Belastung in solchen Konstruktionen abzusenken. Dafür muss aber immer die technische Gebrauchstauglichkeit nach der Sanierung gegeben sein. Hier empfahl Herr Schott generell einen Ausbau der Konstruktion zumindest zu prüfen.
Mit geeigneten Mitteln kann man auch mit Hilfe des ‚genetischen Fingerabdrucks‘ herausfinden, ob es sich bei dem ausgetretenen Wasser um Leitungswasser, Regenwasser oder Schmutzwasser handelt. Diese Überprüfungen sind jedoch nicht ganz billig.
Mit einem entsprechenden Aufwand kann man i.d.R. auch gute Trocknungsergebnisse erzielen. Herr Schott schilderte einen Fall, bei welchem sogar ein Trennschichtestrich durch den geringen Luftstrom zwischen PE-Folie und Estrich getrocknet werden konnte. Es dauerte jedoch relativ lang und war relativ kostenintensiv.
Auf Probleme stößt man häufig bei dünnen, verformbaren Trittschalldämmungen, wenn sich durch den Wasserschaden hier bereits Komprimierungen ergeben haben. Dann ist es häufig nicht mehr möglich, entsprechende Luftmengen durch die komprimierte Schicht hindurchzuleiten. Ebenso problematisch sind Gussasphaltestriche auf komprimierten Kokosfasermatten.
Bei zementgebundenen Schüttungen sollte man zunächst einen Trocknungsversuch durchführen. Gleiches gilt für feuchte Ausgleichsschüttungen aus Perlite.
Da in Zukunft auch bei mehrgeschossigen Objekten intensiv in Holzbauweise gearbeitet werden wird, ist damit zu rechnen, dass die Trocknungsaufgaben für die in diesem Bereich tätigen Firmen anspruchsvoller werden.